Verdauungsprobleme

Aus der Balance: Wenn Magen und Darm rebellieren

Von Nadine Effert · 2016

 Frau fässt ihren Bauch an. Thema: Verdauungsprobleme

Völlegefühl, Magenschmerzen, Durchfall, Sodbrennen: Magen-Darm-Beschwerden können viele Gesichter haben. Allesamt sind sie unangenehm und lästig. Viele Probleme mit dem Verdauungstrakt sind hausgemacht und unserem modernen Lebensstil geschuldet. Abtun sollte man Warnsignale nicht, denn es können auch ernsthafte Erkrankungen hinter den Symptomen stecken.

Es grummelt, es gluckst, es schmerzt: Auf Zipperlein wie Blähungen, Durchfall oder Verstopfung können wir alle getrost verzichten. Vor ihnen gefeit ist aber keiner von uns. Ständiges Sitzen, Fast-Food, Stress und zu wenig sportlicher Ausgleich erschweren den beiden Verdauungsorganen Magen und Darm ihre Arbeit. Und die ist ohnehin nicht ohne: Nach dem Motto „Gib ihm Saures“ wird der Nahrungsbrei im Magen, der von Schleimhaut und Muskelgewebe umgeben ist, mit dem Magensaft vermischt. Dann wird es sportlich: Den vorverdauten Brei muss der Magen durch gezielte Kontraktionen, der sogenannten Peristaltik, dann zum Pförtner schieben. Die Rede ist von einem Schließmuskel, der den Zugang zum Darm steuert. Dessen Aufgabenrepertoire: Verdauung und Energiebereitstellung, Ausscheidung und Entgiftung sowie die Immunabwehr. Wichtige Unterstützung gibt es beim Verdauungsprozess von anderen Organen wie der Bauchspeicheldrüse und der Galle. Ein ausgeklügeltes Zusammenspiel vieler Akteure und ein System, das für viele Eventualitäten gerüstet, aber auch störanfällig ist. Bauchschmerzen, Blähungen, Durchfall und Völlegefühl sind häufige Anzeichen dafür, dass es irgendwo im Verdauungstrakt Probleme gibt. Aber auch Gewichtsverlust kann ein Anzeichen für Magen-Darm-Erkrankungen sein.

Verdauungsprobleme: Warnsignal Gewichtsverlust

Wer ohne Diät binnen sechs Monaten mehr als zehn Prozent seines Gewichts verliert, sollte sich an einen Arzt wenden, empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS). Der Grund: Bei einem Drittel der Patienten steckt eine Magen-Darm-Erkrankung dahinter. „Natürlich kann ein Gewichtsverlust auch durch nicht-gastroenterologische Erkrankungen bedingt sein und etwa von einer Depression oder Problemen mit dem Zahnersatz herrühren“, erklärt Professor Dr. med. Georg Lamprecht, Chefarzt der Abteilung für Gastroenterologie, Endokrinologie und Stoffwechselkrankheiten am Universitätsklinikum Rostock. Gesellen sich zur Gewichtsabnahme Symptome wie Bauchschmerzen, Durchfall oder Verstopfung, dann liegt die Ursache mit großer Wahrscheinlichkeit im Verdauungstrakt. „Der erste Schritt besteht darin, das Problem zu erkennen, ärztliche Hilfe zu suchen und so auch drohenden Mangelerscheinungen vorzubeugen.“

Herausforderung Diagnostik

Die Symptome von Magen-Darm Erkrankungen sind oft unspezifisch oder – wie im Fall des Reizdarm-Syndrom – nicht auf organische Ursachen zurückzuführen. Bauchkrämpfe und Durchfall etwa können auf eine Magen-Darm-Grippe hinweisen, die gerade jetzt im Winter Hochsaison hat. Aber theoretisch auch auf die Gluten-Unverträglichkeit „Zöliakie“ oder auf eine chronisch-entzündliche Darmerkrankung (CED) – wie etwa Morbus Crohn, an der in Deutschland rund 400.000 Menschen leiden. Ähnliche Symptome, eine Vielzahl möglicher Krankheitsbilder – unser Magen und Darm machen es Ärzten in puncto Diagnostik nicht immer einfach. Hilfreich sei es, wenn Patienten ihre Beschwerden möglichst genau beschreiben können, so Lamprecht. Seit wann bestehen die Verdauungsprobleme? Treten Schmerzen vor oder nach dem Essen auf? Wie sieht es mit der Beschaffenheit des Stuhls aus? Befinden sich Blut oder Schleim auf dem Stuhl? Wechseln Durchfall und Verstopfung ab? Damit man beim Arztbesuch nicht die Stirn in Falten legt und mit einem „Daran kann ich mich nicht genau erinnern“ oder „Darauf habe ich jetzt gar nicht geachtet“ auf diese und andere Fragen antwortet, ist das Führen eines Tagebuchs ratsam. Inzwischen gibt es – wer hätte es gedacht – auch Apps fürs Smartphone, mit denen Darmtätigkeiten und Ausscheidungen penibel dokumentiert werden können.

Stuhlgang liefert wichtige Indizien

Gewöhnlich ist der Stuhl einheitlich gelbbraun bis dunkelbraun und von weicher klar geformter Konsistenz. Eine veränderte Beschaffenheit in Bezug auf Farbe, Konsistenz und Geruch kann auf eine Erkrankung des Verdauungstraktes hinweisen. Beispiel Blut: Eine hellrote Färbung ist ein Hinweis auf frische Blutungen im unteren Darmabschnitt, die durch Tumoren und schwere Entzündungen verursacht sein können. Ist das Blut hingegen dem Stuhl aufgelagert, können Hämorriden oder eine Analfistel dahinterstecken. Treten Blutungen zum Beispiel im Magen oder der Speiseröhre auf, äußern sich diese in Form von schwarzem Stuhl. Derartige Auffälligkeiten sollten unbedingt von einem Arzt abgeklärt werden. Mittels Laboruntersuchungen von Stuhl, Blut und Urin, bildgebender Verfahren und gegebenenfalls Gewebeentnahmen kann er das Rätsel um die Verdauungsbeschwerden lösen.

Darmkrebs: Vorsorge minimiert Risiko

Nicht immer machen sich Erkrankungen des Verdauungssystems durch akute Symptome bemerkbar. Stichwort Darmkrebs. Er kommt auf leisen Sohlen. Jährlich erkranken in Deutschland mehr als 63.000 Menschen an Darmkrebs. Die gute Nachricht: Dank der gesetzlich verankerten Früherkennungs-Darmspiegelung kann die Zahl der jährlichen Darmkrebserkrankungen langfristig um mehr als ein Viertel gesenkt werden – so die Prognose von Wissenschaftlern des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) in Heidelberg. Das sind bis zu 16.000 Neuerkrankungen pro Jahr. In der Altersgruppe der 75- bis 84-Jährigen wird letztlich ein Rückgang um mehr als 3.000 Frauen und mehr als 4.000 Männer pro Jahr erwartet.

Professor Hermann Brenner vom DKFZ gibt jedoch zu bedenken, dass die Effekte noch sehr viel größer sein könnten, da bisher nur eine Minderheit der Bevölkerung das Früherkennungsangebot wahrnimmt. „Wir hoffen daher sehr, dass die Ergebnisse das Vertrauen in das Screening fördern“, so Brenner. Wünschenswert wäre vor allem, dass sich Männer häufiger einer Vorsorgeuntersuchung unterziehen, da sie öfter und durchschnittlich fünf Jahre früher an Darmkrebs erkranken als Frauen. Ein triftiger Grund: Wird Darmkrebs im Anfangsstadium entdeckt, liegt die Überlebensrate bei 90 Prozent. Neben der Früherkennung sorgen auch kontinuierlich verbesserte Therapien dafür, dass immer weniger Patienten an Darm-, aber auch Magenkrebs sterben. 

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